02. August 2021
T: Ich bin momentan in einem gefährlichen Modus. Gerade heimgekommen vom Hängematten-Camping, und packe direkt für den Familienurlaub (Wohnmobil). Und ich merke schon direkt, dass ich heute noch überhaupt nicht runtergekommen bin. Ich war bei Regen in meiner Hängematte mitten im Wald zehnmal entspannter als heute in meiner Küche und all meinen Annehmlichkeiten. Gut, mein Bett ist grandios. Und warm! Deshalb will ich ja auch auf lange Sicht ein Auto als Base of Operations, ganz klar. Irgendwie bin ich zu alt fürs Zelten. Oder das Baumzelt war einfach nur so doof, das ist noch viel wahrscheinlicher. Aber grundsätzlich war die Natur klasse. Die Uhren ticken wirklich ernsthaft anders im Wald. Am See. In der Wildnis. Kein Wunder zieht es momentan alle hinaus. Das kann nicht nur Corona sein.
N: Ist es nicht. Ihr sucht die Balance in einem ungekannten Maß – und das gehört dazu! Ihr habt euer zivilisatorisches Pendel viel zu weit in Richtung Stein, Stadt, Masse, Besitz, Künstlichkeit, Hightech ausschlagen lassen. Die gegenläufige Bewegung muss kommen. Es gibt absolut keine andere Möglichkeit in der Dualität.
Ich will nun gar nicht gegen eure Erfolge hetzen. Ein beheiztes Haus, in dem deine Kinder nicht an Lungenentzündung sterben müssen, ist großartig. Gar keine Frage! Aber ihr habt es euch etwas zu bequem gemacht in letzter Zeit. Denken war optional. Also die Art von Denken, die dich am Leben hält. Es heißt nicht umsonst BushCRAFTING. [Ein "Craft" ist ein (Kunst-)Handwerk.] Das ist sehr treffend. Es ist ein Handwerk, so zu werkeln und zu arbeiten, dass du nachher mitten im Wald einen Hocker, einen Becher und evtl. sogar eine Hütte gebaut hast. Aus dem scheinbaren nichts! Ihr müsst zurück in die Natur. Und auch ins Wasser. Ihr müsst euer Gefühl zurückbekommen für die Basis von Allem-was-ist. Ihr müsst die Schaumkronen auf den Wellen wieder lesen lernen. Den Wind in den Bäumen. Die Wolken am Himmel sowieso.
Wenn ihr dann an den aufgeschreckten Tieren wieder ablesen könnt, dass viele Kilometer weiter ein Blitz ein Feuer entfacht hat – oder wenn ihr ihn vielleicht sogar intuitiv gespürt habt – dann kommen wir wieder in die richtige Richtung. Noch lacht ihr über die Schamanen und die Bushcrafter gleichermaßen, aber das wird bald aufhören.
T: Das klingt nach Krieg und Prepping, ehrlich gesagt.
N: Corona war/ist auch eine weltweite Katastrophe – besiegt werden konnte sie schlussendlich doch mit den einfachsten Mitteln: Seife und Abstand! Krieg ist nicht mehr wirklich in der Zeitenergie. Eure Methoden haben sich verändert. Und das, was du »Prepping« nennst? Die Vorbereitung auf den schlimmstmöglichen wirtschaftlichen Zustand? Wenn es aus Angst heraus geschieht und Hamstern bedeutet, ist es sinnlos. Wenn du aber Wissen hamsterst und einige wenige essenzielle Dinge anschaffst, wirst du ganz weit vorne dabei sein, zivilisatorisch gesprochen.
T: Das klingt so, als würde sehr bald das saubere Wasser nicht mehr aus dem Hahn kommen …
N: Das IST doch auch so! Schau dir den überfluteten Teil Deutschlands an. Das Erste, was sofort aufhörte, zu existieren, war – ironischerweise – sauberes Wasser! Ihr glaubt immer, wenn wir solche Dinge anmerken, gilt das für alle, ganz flächendeckend, und über Jahre hinweg. Keineswegs. Aber frag mal die Leute, was sie jetzt am meisten vermissen. Einen sauberen, trockenen Pulli. Eine heiße Tasse Tee. Wasserdichte Schuhe. Ein Kanu. Ganz simple Dinge. Niemand vermisst am meisten sein Tablet und seine Sammlung Rolexuhren. Handys schon eher, aber die ja auch nur, weil sie dir Kommunikation mit den Liebsten ermöglichen. So ist Technik höchst sinnvoll und elementar.
Ihr werdet weiterhin mit dem Thema Wasser zu tun haben. Es wird in Massen vom Himmel fallen, es wird fehlen, es wird Qualitätsprobleme haben. Und dann endlich werdet ihr anfangen, es wieder zu würdigen. Jeden einzelnen Liter, der zur richtigen Zeit fällt. Jedes Sammelbecken, dass es von deinem Haus fernhält. Seine Fähigkeit, Strom für euch zu produzieren. Und Nahrung. Ganz besonders im Zusammenspiel mit Wald und Wiese.
T: Apropos ... Verstehst du dich gut mit deinem »Bruder« Cernunnos?
N: Warum sollte ich das nicht? Es kann ihn nicht ohne mich geben, und auch ich wäre ohne ihn so viel ärmer. Mein Kreislauf wäre geschmälert um die Arbeit von Gras und Bäumen. Die Pflanzen halten mich, nutzen mich, erfreuen mich mit einem fasrigen Ergebnis meines Wirkens. Sie sind mein Craft. Deshalb sind Cernunnos und ich immer Hand in Hand unterwegs, selbst wenn wir uns in einem Moment als Individuationen verstehen wollen (statt als Alles-was-ist).
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