[Schon wieder spielt in der Playlist Blind Guardians »In the Red Dwarfs Tower«.]
T: Du magst diesen Song echt gerne, hm? Ich auch!
M: Weißt du, wie viele Leute den Komponisten für komplett verrückt erklärt haben, als er das Lied vorgelegt hat?
T: Was? Aber es ist das beste von dem Album!
M: Man muss es aber verstehen. Und das Thema des Liedes muss in einem Resonanz erzeugen. Außerdem lautet die erste Regel für künstlerischen Erfolg: Tue immer das, für das dich alle als verrückt abstempeln. Das, wo alle sagen: »Das kann nicht dein Ernst sein. Das wird niemals funktionieren. Mit so etwas wird man nicht bekannt.« Lass dir von einer Muse sagen: Oh, doch. Aber so was von. Es wird genau das Projekt dein Leben (und das der Empfänger) verändern, für das du einen echten Sprung ins Ungewisse machen musst. Aber Vorsicht! Ich habe gesagt »ins Ungewisse«. Ich meine damit nicht, dass du dich möglichst hoch verschulden sollst, waghalsig werden sollst, deine Sicherheit außer acht lassen sollst oder Ähnliches. Ein »Leap of Faith« hat sogar relativ selten mit körperlichen Extremen zu tun. Es ist nämlich genau, wie der Buddha herausfand. Es ist weder die Askese noch die Völlerei, die dich dem Himmelreich näher bringt. [Sie zieht ihren nicht vorhandenen Hut]. Aber: Kudos dafür, dass du es versucht hast. Es ist die BALANCE, die dich weiterbringt.
T: Ach Mann, warum sind meine Sprünge ins Ungewisse immer die größten?
M: Ha! Das kommt dir nur so vor, weil sie für dich designt wurden. Je öfter du das Spiel des Lebens schon durchgespielt hast, desto kleiner werden tatsächlich die »Hausaufgaben«. Die richtig großen Brocken liegen weiter vorne. Im Karma verhält es sich zudem so, wie Lillysander es dir mal dargelegt hat. Zuerst darfst du der Täter sein. Erst später musst du auch das Opfer sein zum Ausgleich.
T: Ich grübele schon sehr lange, wie viel ich gerade von den Elfen und von Lilly – und auch von dir! – als Addendum in diese Bücher mit aufnehmen muss.
M: Ganz einfach: All das, worauf du noch einen Blick werfen möchtest und was dem Gesamtverständnis dienst. Und interessant wird es allemal, das »Figureninterview« mit Sheila aus dem Drachenkind in Buch 1 zu inkludieren – oder mein Interview im Anhang zur Doppelausgabe mit den Musen-Büchern.
T: Niemals, niemals, niemals werde ich das vergessen.
M: Wie könnte man auch? »Die Toten sind meine Nachbarn.« So einen Satz sagt einem nicht jeden Tag eine Figur, die man die längste Zeit für Fiktion hielt.
T: Ja, du liebes bisschen. Seitdem ist viel passiert, möchte ich mal sagen. Geahnt habe ich ja schon vorher, was in meinem Leben Sache ist. Wer die Zügel in der Hand hält in meinen Geschichten. Aber Sheila machte es zum ersten Mal schmerzhaft deutlich. Ich wollte nicht, dass ihre Geschichte so ausgeht! Ich habe mich aktiv gegen die Idee gewehrt.
M: Und was sagte sie dir?
T: Sie sagte: »Es muss so sein. Mein Teil ist getan. Lass mich gehen. Ich habe nichts mehr beizusteuern.« Selbst jetzt, viele Jahre später, bekomme ich Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke. Es ist außerdem der Grund, warum ich oft Rotz und Wasser heule, wenn ich an meinen Manuskripten schreibe. Ich bin ja nicht nur der Schreiberling, und wo es hingeht weiß ich auch nicht, ich fühle zu 100 Prozent mit der Figur, weil sie in meinem Kopf ist! Ich kann fühlen, wenn sie sich überschwänglich freut, aber ich kann ebenso realistisch fühlen, wenn sie felsenfest davon überzeugt ist, dass es nichts Göttliches gibt. Das war wohl das seltsamste Gefühl meines Lebens. Zu wissen, wie fest ich in meinem Leben glaube, und gleichzeitig zu fühlen, wie leer es im Herzen der Figur ist. Es war ein Abgrund, den ich hoffentlich annähernd beschreiben konnte.
M: Die beginnenden Künstler suchen oft die Nähe zu anderen in der irrigen Hoffnung, sie fänden jemanden, der ihnen aufs Haar gleicht. Nichts gegen Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit, ganz sicher. Aber du hast sofort erfahren, dass der Großteil der Autoren eine Art Autobahn entlangfährt, bis das Buch fertiggestellt ist.
T: Ich war schockiert, um ehrlich zu sein. Es hat gedauert, bis ich verstanden habe, dass Schreiben für die meisten etwas Planvolles ohne viele Überraschungen ist. Ohne heftiges eigenes, emotionales Investment. Darin sehe ich keinen Sinn!
M: Und hier geben leider die meisten auf. Sie schleppen sich durch ihr Leben, kriegen die Kunst in ihrem Inneren jahrelang nicht zu fassen und wenn sie doch das Wagnis eingehen und ihr Volk (die Künstler) suchen, dann entdecken sie oft die Handwerker statt die Intuitionskünstler! Es ist der vollendete Frust. An dem Punkt schleppen sich viele nicht mehr weiter. Ihr letzter hoffnungsvoller Antrieb verlief im Sande. Sie fanden nicht mich, sie fanden »nur« Menschen. Sie kommen erst gar nicht so weit, sich unter den Künstlern genug Vertrauen zu erarbeiten, um von den »interessanten Zufällen« und den »Ungereimtheiten« und der »Magie« zu erfahren. Sie glauben, etwas müsse mit ihnen nicht stimmen (wie immer, seufz!) und geben vollständig auf. Es bricht mir das Herz und könnte ich Gegenstände zerschmeißen, würde ich das an solchen Tagen ausgiebig tun. Und niemand ... wirklich niemand macht sich die Mühe, alles unter einem Dach zusammenzubringen. Spiritualität, EINFACHE Worte, Meditation, Inspiration und eigenes Schaffen. Mit nichts werdet ihr so alleine gelassen wie mit der Kunst. Es ist eine Schande.
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